Formen von Prestige in Kulturen des Altertums
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Projektbeschreibung

Akteure von Mobilität und Migration in spätklassischer und hellenistischer Zeit (Arbeitstitel)

Migration ist „ein Konstituens der Conditio humana wie Geburt, Vermehrung, Krankheit und Tod,“ wie der Migrationsforscher Klaus J. Bade stellvertretend für viele andere zutreffend festgehalten hat. Die Anlässe und Ursachen für Wanderung und Sesshaftwerdung sind mannigfaltig und unterliegen spezifischen zeitlichen Umständen aber auch Kontingenzen. Dennoch finden sich bei eingehender Betrachtung verschiedener Epochen immer wieder dieselben Elementarfaktoren, die Einzelpersonen oder Personenverbände dazu bringen sich andernorts niederzulassen. Wenn diese nicht höherer Gewalt geschuldet ist, entspringt Migration stets den gleichen Triebfedern menschlicher Vergesellschaftung: Ökonomie, Politik und den Wünschen und Vorstellungen eines Individuums bzw. bestimmter Gruppen in vergleichbaren Lebensumständen. Dies trifft ebenso auf die für das Dissertationsvorhaben relevanten Bürger verschiedener griechischer póleis in spätklassischer und hellenistischer Zeit zu.

Die antiken Individuen werden für den Forscher erst dann sichtbar, wenn der eigentliche Wanderungsvorgang bereits abgeschlossen ist: Wenn sie in einer fremden Stadt angekommen sind und die dortige Gemeinde auf sie reagieren musste, d.h. juristische und soziale Konventionen zum Tragen kamen oder die Migranten bereits so etabliert waren, dass sie zum Subjekt kultureller Rezeption wurden. Aber auch durch Stiftungen, Weihungen oder ihre eigenen Grabmäler konnten sie als ‚Fremde‘ in Erscheinung treten. Eine Einbürgerung hingegen kennzeichnet zumeist das Ende ihrer Identifizierbarkeit für die historische Forschung und beschreibt zugleich den vorläufigen Abschluss des Migrationsprozesses.

Die Dissertation soll einen Überblick über die Akteure von Mobilität und Migration in der spätklassischen und hellenistischen Zeit liefern, der dezidiert die Alltäglichkeit und Allgegenwärtigkeit dieser Phänomene in der griechischen Staatenwelt herausarbeitet.

Die Arbeit soll dabei von folgenden Fragestellungen geleitet werden:

  1. Wie sind Mobilität und Migration zu definieren bzw. zu unterscheiden? Was sind Merkmale für das eine und das andere Phänomen?
  2. Woher kommen die Migranten der eingegrenzten Zeit und warum wandern sie aus bzw. warum gehen sie an einen bestimmten Ort?
  3. Wer sind die Migranten? Aus welchen sozialen Gruppen kommen sie? Warum werden einige irgendwann Bürger der neuen Gemeinde und andere nicht?
  4. Welche Interessen verfolgen die aufnehmenden Gesellschaften?

Methodisch soll an den Anfang der Arbeit die Klärung problematischer Begrifflichkeiten wie Mobilität und Migration gestellt werden. Aufbauend auf den bereits existierenden Daten über die Migranten Athens (M.J. Osborne 1981-83 & 1996) und den in meiner Master-Arbeit erarbeiteten Datensätze zu Neubürgern und Fremden in Milet, soll als Grundlage der weiteren Analyse und Diskussionen, eine umfassende, wesentlich auf epigraphischen Zeugnissen fußende Datensammlung für den o.g. Zeitraum erfolgen. Ein geographischer Schwerpunkt soll dabei in Kleinasien und der Ägäis liegen. Die so erfassten Personen  sollen im Folgenden unter migrationstheoretischen Aspekten ausgewertet werden. Auch literarisch überlieferte, aber weniger konkrete Beispiele für Migrationen sollen so ausgewertet werden. Im Anschluss sollen die gewonnenen Erkenntnisse einer sozialhistorischen Analyse nach den o.g. Leitfragen unterzogen werden, wobei neben soziologisch geprägten auch neueren althistorisch und archäologisch ausgerichteten netzwerktheoretischen Überlegungen Raum gegeben werden soll, um dem Verständnis des Gesamtprozesses von Migration in dieser Zeit näherzukommen.