Formen von Prestige in Kulturen des Altertums
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Jennifer Bagley

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Jennifer Bagley (Vor- und Frühgeschichte)

Mensch und Tier in der Kunst der frühen Latènezeit

Im Rahmen dieses Dissertationsprojektes wird die kulturelle und ideelle Bedeutung figürlicher Kunst in der frühen Latènezeit untersucht. In einem Arbeitsgebiet von Westfrankreich bis ins westliche Schwarzmeergebiet lässt sich in der Zeit vom 5. bis zum 3. Jh. v. Chr. die gesamte Entwicklung von Prestige in Form bildlicher Darstellungen von ihrer Entstehung bis zu ihrem Verschwinden verfolgen. Von besonderem Interesse ist dabei der Einfluss der interkulturellen Kontakte der oben umrissenen Region mit dem Mediterraneum und den östlich angrenzenden Gebieten auf die Entstehung dieser neuen Ausdrucksform des Prestige sowie die Frage, welche inhaltliche Bedeutung sich hinter der rein ökonomischen Komponente reich verzierter Prestigegüter verbirgt.

Um die Mitte des 5. Jhs. v. Chr. entwickelt sich aus mediterranen, vorderasiatischen und lokalen Elementen ein neuer Kunststil, der so genannte early style, der zunächst als Hofkunst, d.h. mit Hilfe der finanziellen und kulturellen Ressourcen der latènezeitlichen Elite, entsteht. Frühe Beispiele dieses Stils finden sich vor allem auf goldenem Ringschmuck, Trinkgeschirr und Fibeln in reich mit Beigaben versehenen Bestattungen unter monumentalen Hügeln, die als Fürstengräber bezeichnet werden. Schnell breitet sich die neue Kunstform aber auch auf Gegenstände einfacherer Machart aus und findet sich neben den oben genannten Fundgruppen auf Gürtelhaken, Pferdegeschirr und Wagenteilen, Beschlägen verschiedener Art und im Laufe der Zeit auf reich verzierten Schwertscheiden.

Die dargestellten Figuren lassen sich in die Untergruppen Menschen, Tiere und Mischwesen teilen, wobei sie in unterschiedlich starken Graden der Abstraktion auftreten.

Um 400 v. Chr. ändert sich der Kunststil erneut, man spricht nun vom Waldalgesheimstil. Die figürlichen Motive verlieren dabei stark an Bedeutung. Tiere und Mischwesen werden nur noch in seltenen Fällen thematisiert, anthropomorphe Bilder kommen zwar noch vor, werden aber stärker stilisiert und in die typische florale Ornamentik des Waldalgesheimstils eingebunden. Die Kunst der frühen Latènezeit war und ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, die ihren Schwerpunkt allerdings oft auf eine bestimmte Gegenstandsgruppe und deren formale Beschreibung setzen. Dadurch bleiben zahlreiche Informationen unbeachtet. Erst seit kurzem beginnt man sich auch weitergehend mit der Bedeutung der gezeigten Figuren zu beschäftigen. Viele Fragen sind dabei noch offen; gerade hier verspricht aber eine Zusammenstellung aller bekannten Motive Klärung zahlreicher Aspekte.

Neben der ideellen soll auch die gesellschaftliche Bedeutung der Darstellungen untersucht werden. Wie vollzieht sich die Entwicklung des neuen Kunststils? Wie findet er seinen Weg vom Prestigeobjekt der gesellschaftlichen Elite auf Gegenstände des Allgemeinguts der latènezeitlichen Bevölkerung? Und warum verschwindet der figürliche Bildschatz schon um 400 v. Chr. wieder weitgehend? Um sich diesen Fragen zu nähern sollen neben klassischen Methoden der Archäologie auch Ansätze der Kunstgeschichte, der Entwicklungspsychologie und der Soziologie geprüft und gegebenenfalls angewendet werden.

So soll ein möglichst umfangreiches Bild des frühlatènezeitlichen Kunstschaffens und seiner Aussagemöglichkeiten zu Religion und Gesellschaft des 5.-3. Jhs. v. Chr. in West- und Mitteleuropa gezeichnet werden.