Formen von Prestige in Kulturen des Altertums
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Juliane Israel

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Juliane Israel (Klassische Archäologie)

Grabmonumente in Trend und Wandel – Typologisierung und Evolution mehrgeschossiger Monumentalgrabmäler im antiken Mittelmeerraum (Arbeitstitel)

Während der Antike wurden prachtvolle, mehrstöckige Grabmonumente rund um das Mittelmeer erbaut. Das berühmteste Beispiel ist das viel bewunderte Maussolleion von Halikarnassos in Karien in Kleinasien. Der mehrstöckige Bau und die architektonischen Einzelelemente (Podium, haus- oder tempelartiger Oberbau, Dachkonstruktion) stehen exemplarisch für den Aufbau zahlreicher weiterer Grabdenkmäler. Die genannte Bauweise erstreckte sich über einen langen Zeitraum, von mindestens dem 6. Jh. v. Chr. bis ins 6. Jh. n. Chr., und war in verschiedensten Kulturkreisen, von Persien über den gesamten Mittelmeerraum vertreten. Die weite Verbreitung verweist auf die Popularität dieses Bautypus. Dabei muss aufgrund der teils offensichtlichen architektonischen Parallelen davon ausgegangen werden, dass die Einflussnahme bereits existenter Grabmonumente über die Landesgrenzen hinweg eine Rolle für die Gestaltung der Nachfolgebauten gespielt hat. Offenbar wurde dieser „Maussolleion-Typus“, dessen aufwendige Gestaltung bereits den Prestigecharakter postuliert, bald zum prägenden Vorbild für anspruchsvolle Monumente der folgenden Epochen bis in die römische Kaiserzeit und Spätantike.

Aus diesen Überlegungen ist das Interesse erwachsen, die Entwicklung dieser Grabarchitektur vom Ursprung bis zum Ausklang ihrer Erscheinung in einem umfassenden Forschungsprojekt zu untersuchen.

Mit diesem Vorhaben sind verschiedene Zielstellungen verbunden, die sich in zwei große Teilbereiche untergliedern lassen:
Zum einen gilt es, möglichst alle zum sog. „Maussolleiontypus“ gehörenden Grabmonumente zu erfassen und dokumentieren und anschließend zu typologisieren. Dies soll anhand eines Kategoriensystems geschehen, welches nach architektonischen Kriterien u.a. Aspekten gegliedert ist und worin die Grabmonumente entsprechend ihrer Bauweise eingeordnet werden können. Nach meinen bisherigen Recherchen gehören zum Maussolleiontypus ungefähr 110 Bauten. Die meisten befinden sich verteilt in 11 von 20 Anrainerstaaten (1) des Mittelmeers, einige frühe Beispiele stammen aus Persien.

Anhand des Kategoriensystems könnten sich folgende architektonische Präferenzen feststellen lassen:
In welchem Zeitraum und über welche Regionen erstreckte sich der jeweilige Typus, wo und bei wem war er besonders beliebt oder trat er irgendwann auffällig kulminiert auf? Wer nutzte welche Form zum ersten Mal, durch wen wurde sie adaptiert, wie abgewandelt und über welche sozialen Schichten spannte sich dieser Prozess?

Ein weiteres Ziel ist es, durch eine vergleichende Untersuchung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Aufbau und Ausstattung der Grabbauten die Entwicklung des besprochenen Grabtypus nachzuvollziehen. Übergreifend sollen hierbei transkulturelle Entwicklungsprozesse der Antike, ihre Hintergründe und Einflüsse beleuchtet werden. Über Prestige im Altertum lassen sich grundlegende Erkenntnisse ziehen, da dieser Grabtypus bereits ein Prestigegut verkörpert. Nur herrschende oder vermögende Personen konnten sich solch ein Denkmal über den Tod hinaus setzen lassen. Oder aber verdiente und damit angesehene Persönlichkeiten, denen beispielsweise die Gemeinde das Grabmal stiftete. Anhand der Monumentalgräber lässt ich der Charakter, die Bedeutung und Entwicklung von Prestige als interkulturelles Phänomen untersuchen.

(1) Inkl. der Inselstaaten Malta und Zypern, dagegen exklusive Gibraltar, Monaco, der Gazastreifen, Melilla und Ceuta, die offiziell mit zu den Anrainerstaaten zählen.