Formen von Prestige in Kulturen des Altertums
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Catherine Jones

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Catherine Jones (Ägyptologie)

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Gegenstand der Arbeit ist eine quellenanalytische Untersuchung zum altägyptischen Per-nu, Per-neser und Per-wer, drei architektonischen Strukturen, die in der ägyptologischen Forschung als unter- und oberägyptische Reichs- bzw. Landesheiligtümer verstanden werden. Der Entschluss, diese drei Strukturen gemeinsam zu behandeln, basiert einerseits auf deren gemeinsamer Erwähnung im gleichen Kontext, andererseits auf dem Umstand, dass sie von den Altägyptern selbst zu bestimmten Zeitepochen als zusammengehörige Instanzen rezipiert worden sind, beispielsweise in einer Auflistung von s.t-, ḥw.t- und pr-Anlagen im ptolemäischen Hathortempel in Dendera. Eine Auseinandersetzung mit der Forschungsgeschichte der „Reichsheiligtümer“ zeigt, dass in bisherigen Studien zum per-nu, per-neser und per-wer methodisch sehr uneinheitlich vorgegangen wurde. Das vorliegende Dissertationsvorhaben hat zunächst zum Ziel, die Theorien und Interpretationsversuche mittels der dafür verwendeten Belege darzustellen und sie kritisch zu analysieren. Dies bedingt eine Betrachtung des Themas unter allgemeineren Gesichtspunkten der ägyptologischen Forschung, beispielsweise die Problematik, inwieweit eine Rekonstruktion realer Strukturen anhand von hieroglyphischen Deutzeichen möglich und zulässig ist.

Als zweiten Schritt gilt es, die schriftlichen Quellen zusammen- und gegenüber zu stellen, um eine Grundlage für die Erarbeitung einer etymologischen, topographischen, architektonischen und funktionalen Definition der Strukturen zu schaffen. Hinzu kommt die Frage nach ihrer Relevanz und Bedeutung für die altägyptische Gesellschaft vor allem aufgrund des primären Auftretens von Nachweisen im königlich-sakralen Kontext. Zusätzlich wird die Rechtfertigung für die Verwendung des Begriffes „Reichsheiligtum“ für altägyptische Strukturen im Allgemeinen überprüft.

Im Rahmen einer Diskussion zur Relevanz und Bedeutung des per-nu, per-wer und per-neser, ist es sinnvoll, sie unter Berücksichtigung des Spannungsfeldes zwischen Prestige und „räumlichen Instanzen“ (architektonischen Strukturen, Institutionen und Ortschaften im Allgemeinen) zu untersuchen. Hierfür wird versucht, fachübergreifende theoretische Fragestellungen zu entwickeln und Kriterien für deren mögliche Lösung zu erarbeiten: Inwiefern können fassbare, nichtmenschliche Dinge – konkret in diesem Fall architektonische Strukturen und/oder Verwaltungseinheiten – eine Prestigezuschreibung trotz des soziologischen, zwischenmenschlichen Charakters des Prestigephänomens erleben? Ist eine Prestigezuschreibung ausschließlich im Fall einer Übertragung möglich und was liegt dieser zugrunde? Unter anderem sind hierfür ein bestimmtes Ereignis sowie die Assoziation mit einer angesehenen realen (Architekt, Besitzer/Bewohner, Herrscher) oder nicht realen Person (göttliche Instanzen) in Betracht zu ziehen sowie die Möglichkeit einer wechselseitigen Übertragung zwischen Baustruktur und Ortschaft. Welche Faktoren können als Indiz fungieren, um ein Prestigeverhältnis bei räumlichen Instanzen greifen zu können, z.B. eine Besucherzunahme bei Stätten als Zeugnis für deren Attraktivität? Und welche Konsequenzen hat dies für damit verbundene Individuen z.B. Mitarbeiter, Besucher in den Augen ihrer Mitmenschen? Die theoretischen Überlegungen und herausgearbeiteten Kritierien werden dann anhand von Belegen für das per-nu, per-wer und per-neser praktisch angewandt, um deren Perspektivenvielfalt um eine soziologische Ebene zu erweitern.

Stichworte: Prestige + räumliche Instanzen
(Architektur, Institutionen, Wechselwirkung Ortschaft - Gebäude)